Die Mehrzahl der Frauen hatte kein eigenes Einkommen, noch hat es sich geschickt, eine Frau bezahlen zu lassen. Es hätte einen Gesichtsverlust für den Mann bedeutet.
Im damaligen Geschäftsleben gab es kaum Frauen, die in einer Weise Rollen inne hatten, Kunden zum Essen einzuladen.
Es gab einen Sturm der Entrüstung im Kreis meiner Freundinnen, als ich vor über 20 Jahren von einem Geschäftsessen mit einem sehr wichtigen Kunden erzählte. Sie konnten nicht verstehen, dass ich das Essen bezahlte, und machten sich Gedanken über meinen guten Ruf.
Ich war schon damals eine moderne und gleichberechtigte Frau und mir meiner Rolle als Geschäftspartnerin und Gastgeberin bewusst. Als Unternehmerin wichtige Kunden einzuladen, ist eine Geste der Wertschätzung, und meine Kunden und Geschäftspartner hatten kein Problem damit, dass ich die Rolle der Gastgeberin übernehme.
Wenn wir heute auch noch weit davon entfernt sind, dass es 100 Prozent Gleichberechtigung gibt, so wurden doch viele verkrustete Strukturen aufgebrochen. Es gibt noch immer nicht gleich viele Frauen in Schlüsselpositionen wie Männer. Aber es gibt viele Frauen in Positionen, in denen sie Gastgeberinnen sind und aufgrund dessen ihre Kunden und Geschäftspartner zu kulturellen Veranstaltungen in Restaurants oder zu Kundenevents einladen, ohne dass heutzutage darüber getuschelt wird.
Er oder sie oder jeder für sich – wer zahlt?
Wie weiß mann oder frau bei privaten Essenseinladungen, wer die Rechnung bezahlt? Vor allem jüngere Männer gehen mit dem Thema sehr ungezwungen um, frei nach dem Motto: Sie zahlt ihren Teil, ich zahle meinen Teil, wir verdienen ja beide. Wenn das auch für beide passt, dann ist das absolut ok. Männer, die gerne Gentlemen sein möchten, laden hingegen Frauen gerne ein und kommunizieren das auch.
Was können Männer tun, wenn Frauen die Einladung ablehnen?
Schmeichelt es einer Frau, dass ein Mann sie zum Essen einlädt, dann sollte sie diese nicht aus falscher Bescheidenheit ablehnen. Es wäre doch schade um die noble Geste. Andererseits sollten mit einer Einladung keinesfalls wie auch immer geartete Verpflichtungen verbunden sein.
Es ist zugegebenermaßen privat eine Gratwanderung und erfordert viel Diplomatie. Denn auch wenn es heißt: „Geben sei seliger als nehmen“, will man als Frau nicht das Gefühl haben, zu einer Gegenleistung ungewollt verpflichtet zu sein.
Wie ist das geschäftlich?
Sie, er – oder entscheidet die Kundenbeziehung?
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Rolle der Frau immens verändert. Was früher undenkbar war, ist heute Standard.
Frauen übernehmen als Gastgeberinnen die gleichen Aufgaben wie Männer: Sie laden ein, bezahlen, holen Kunden mit dem Auto ab, gehen im Restaurant voran, bieten dem Mann einen Platz beim Essen und geben den Ton an.
Wer die Einladung ausspricht, bezahlt auch die Rechnung. „Darf ich Sie zum Essen einladen?“, verpflichtet den / die Einladende(n), die Rechnung zu begleichen. „Gehen wir gemeinsam essen“, ist keine Essenseinladung, sondern ein Angebot, gemeinsam zu speisen – und jeder zahlt seinen Teil.
Als Faustregel gilt: Lieferanten laden Kunden ein – und nicht umgekehrt. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, etwa, wenn ein Kunde aus Wertschätzung für die gute Geschäftsbeziehung den Lieferanten einladen möchte, oder der Lieferant einen Besuch beim Kunden macht.
Meine Erfahrung ist: Es gibt sehr viele Gastgeber, die meinen, der andere wüsste, dass er oder sie eingeladen ist, ohne es klar kommuniziert zu haben. Im Zweifelsfalle sollte man daher immer die eigene Rechnung verlangen. Wenn der Gastgeber oder die Gastgeberin den Kellner bittet, die Rechnung zu bringen und nicht ausdrücklich erwähnt, dass man selbstverständlich eingeladen ist, dann bezahlt man seine Rechnung selbst.
Vorher abklären, wer bezahlt.
Wer eine Einladung nicht bereits im Vorfeld offiziell ausgesprochen hat, klärt das spätestens im Restaurant. Etwa: „Was möchten Sie zum Aperitif, Sie sind heute mein Gast“. Frau kann sofort reagieren und darüber informieren, dass sie gerne ihren Teil der Rechnung übernehmen will, so ihr das lieber ist.
Auch umgekehrt kann ein Mann sich für ein Splitten der Rechnung aussprechen. Das ist völlig in Ordnung. Aber es sollte bitte in einem freundlichen Ton und ohne dem anderen „auf den Schlips zu treten“ besprochen werden.
Ist getrennte Rechnung erwünscht, sollte der Kellner schon im Vorfeld darüber informiert werden. Er kann dann die Bestellungen entsprechend in sein System einbuchen und jeder der Gäste erhält seine eigene Rechnung. Man erspart sich hinterher das Herausrechnen von Beträgen und Diskussionen darüber, wer was konsumiert hat.
Bei gemeinsamer Zahlung muss der Kellner darüber Bescheid wissen, wer der oder die Zahlende ist. Er bringt dann diskret die Rechnung und der Gastgeber legt die Kreditkarte in die Mappe. Wer bar bezahlt, sollte aus Diskretionsgründen den Tisch kurz verlassen und die Rechnung begleichen.
Lässt Frau sich gerne einladen?
Es gibt Frauen, die sich gerne einladen lassen – und es wird sie immer geben. Besonders gerne nehmen Frauen eine Essenseinladung an, wenn sie es mögen, von Männern hofiert zu werden, ohne das Gefühl zu entwickeln, etwas schuldig zu sein. Sie empfinden es als einen Akt der Höflichkeit Frauen gegenüber.
Frauen, die ihren Anteil der Rechnung selber übernehmen, möchten gerne unabhängig sein. Und das ist okay. Sie machen halbe-halbe und finden es eher unangenehm, eingeladen zu werden. Sie möchten etwaige Zweifel über irgendwelche Verpflichtungen gar nicht erst aufkommen lassen.
Bei einem ersten Date in einem Café oder Restaurant hingegen bevorzugen viele Frauen und Männer das konventionelle Kavaliersverhalten. Viele Frauen empfinden es als knausrig, wenn der Date-Partner nicht bereit ist, beim ersten Mal die Kosten für einen Drink oder Kaffee zu übernehmen. Ich finde es sehr interessant, wie sehr hier doch noch das „traditionelle Rollenverhalten“ erwartet wird.
Soll der Mann noch Gentleman sein?
Ja, selbstverständlich sollten Männer Gentlemen sein. Wenn Männer hingegen meinen, die Welt bestünde nur noch aus Frauen, die sich nicht einladen lassen wollen, sind jene Frauen unzufrieden, die es lieben, dass Männer ihre charmante Seite zeigen. Deshalb: Bleiben Sie dran, wenn Ihnen diese Rolle gefällt!
Jede Frau, jeder Mann kann heute selbst bestimmen, wie er/sie das Bezahlen handhaben möchte. Bedenken Sie jedoch, dass eine Essenseinladung eine charmante Geste des Mannes ist, ein Ausdruck von Wertschätzung, wenn er eine Einladung an eine Frau ausspricht.
Sagen Sie doch als Mann mit einem entwaffnenden Blick zur Frau: „Bitte machen Sie mir die Freude, Sie zum Essen einzuladen“ … Mit einer höflich formulierten Einladung holen sich Männer vermutlich keine Abfuhr und wenn doch, dann sollten sie es mit Humor nehmen.
Bei geschäftlichen Kontakten ist eine Essenseinladung eine gute Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und Kundenbeziehungen zu intensivieren. Wenn Gastgeber und Gäste in Konflikt mit den Compliance-Regeln wegen Vorteilsannahme kommen, sollte man darüber informieren, dass man die Einladung nicht annehmen kann und um Verständnis bitten.
Nun wünsche ich Ihnen viele schöne Momente als Gast und Gastgeber(in).