Immer mehr Frauen sind es leid, jeden Tag einen strengen Business-Look in dunklen und gedeckten Farben zu tragen. Hosenanzug/Bluse, Hosenanzug/Bluse, Hosenanzug/Bluse … und das fünf Tage die Woche.
Sie fühlen sich ihres stilistischen Ausdrucks beraubt und unterscheiden sich optisch kaum noch von ihren Kolleginnen und Kollegen. In solchen Momenten wird „Business-Casual“ immer mehr zum gefragten Thema.
Männer sind da schmerzfreier unterwegs. Es kommt den Meisten entgegen, dass der Griff in den Kleiderschrank relativ unkompliziert über die Bühne geht. Es genügt zu wissen: Die Anzugfarben sind Schwarz (für formelle Anlässe), Anthrazit, Dunkel- bis Mittelblau, in manchen Branchen vielleicht noch Dunkelbraun oder Beige, Krawatten passen beinahe zu jedem Anzug und der Gürtel muss in der Farbe der Schuhe sein – das macht das Leben für sie um so vieles einfacher.
Was heißt Dresscode „Business Casual“?
Nicht jeder Mitarbeiter weiß genau, was der Dresscode „Business Casual“ bedeutet. Es gibt keine allgemeingültige Definition des Begriffs. Googeln Sie den Begriff Business Casual, wird Ihnen vom „Freizeitlook mit angemessenem Rahmen“ bis „Anzug ohne Krawatte“ alles angeboten. Generell können Sie in Mitteleuropa davon ausgehen, dass es für den Mann „Anzug ohne Krawatte“ ist und für die Frau eine „Kombination aus klassischem Blazer mit eleganter Hose oder Rock“.
In einem Unternehmen wie etwa einem Hersteller für landwirtschaftliche Produkte kann das auch ein Sakko mit Chino (leichte Baumwollhose) oder dunkler Jeans sein. Die elegante oder sportliche Interpretation variiert, je nachdem, um welche Branche es sich handelt.
Fällt jedoch die Wahl auf einen Blazer, dessen Stoff aus einem Material besteht, aus dem normalerweise Sweater genäht werden – bewusst unordentlich vernäht und ohne Schulterpolster – so sprechen wir von einem „Freizeitblazer“. Der Blazer (sichtbare Nähte, aufgesetzte Taschen) muss dem Image des Unternehmens entsprechen. Elegant – als Mitarbeiter in einer Unternehmensberatung, sportlich – als Mitarbeiter in einem Produktionsbetrieb.
Smart und kompetent
Ein nicht so streng genommener Dresscode hängt von mehreren Faktoren ab. Meist steht eine jüngere Generation an Führungskräften, die selbst ihren Dresscode im daily business smarter gestalten möchten, für eine Lockerung ein. Sie weiß jedoch genau bei welchen Terminen und Anlässen der Anzug mit Krawatte Pflicht ist, um die gewünschte Außenwirkung zu erzielen. Das Dilemma beginnt dort, wo mit einem zu lockeren Kleiderstil Grenzen überschritten werden und das Image des Unternehmens und dessen professioneller Wirkung nicht transportiert werden.
Sabine Neubauer, Mitarbeiterin eines großen Industriebetriebs, trug wie immer ihren klassischen Hosenanzug mit Bluse, den sie nicht liebte, aber akzeptierte. Er entsprach genau dem Dresscode ihres Unternehmens. Lieber wäre ihr eine Kombination aus Blazer mit Hose oder Rock und dazu passendem Blusen-Shirt gewesen. Um 10 Uhr erreicht sie ein Anruf, dass um 11 Uhr ein kurzfristiges Meeting mit dem neuen Geschäftsführer wegen der aktuellen Produkteinführung anberaumt wird. Als sie den Besprechungsraum betrat, war sie sehr überrascht. Der neue Geschäftsführer kam nicht im dunklen Anzug, sondern in einer lockeren Sakko-Hosen-Kombi ohne Krawatte. Vermutlich dachten sich viele: „Das sind ja ganz neue Seiten, das gab es beim Vorgänger nie. Super!“ Alle Kollegen waren wie immer im dunklen Anzug mit Krawatte. Der neue Geschäftsführer gab am Ende dieses Meetings bekannt, dass wenn keine Kundentermine anstehen oder nur interne Meetings anberaumt sind, ein lockerer Dresscode für ihn in Ordnung sei. Und siehe da, schon beim nächsten Meeting kamen alle ausnahmslos – die Herren wie Sabine Neubauer – in „Business Casual“. Sie war überglücklich, denn genau diese Lockerheit hat sie sich immer gewünscht.
Den Dresscode festlegen
Jedes Unternehmen sollte seine Dresscodes schriftlich definieren, um Mitarbeitern Hilfestellung zu bieten. Wer eine branchenübliche und kompetente Kleidung erwartet und nicht genau definiert, der öffnet Tür und Tor für Interpretationen und verunsichert seine Mitarbeiter. Ich empfehle auch bei Meetings und Veranstaltungen einen Dresscode auszugeben. Weiters hängt er von der Branche (Unternehmensberatung oder Produktionsbetrieb), der Größe des Unternehmens (Dax-Unternehmen oder der kleine Familienbetrieb am Land), der Anzahl der Mitarbeiter, dem Unternehmensstandort (beispielsweise Hamburg oder etwa Altötting), der Unternehmenskultur und dem Durchschnittsalter der Mitarbeiter ab, wie streng oder locker der Dresscode ausfällt.
Denken Sie an die Autohäuser. Früher war es undenkbar, dass der Autoverkäufer nicht im Anzug mit Krawatte verkauft. Abhängig von der Automarke, finden Sie heute alle Dresscodes – von Business runter bis Smart Casual. Im Premium-Segment gibt es keinen Casual Look. Dort wird ein elegantes Outfit erwartet. Nicht mehr überall mit Krawatte, aber auf jeden Fall mit Anzug.
Ein Mitarbeiter eines Autohauses sagte: „Ich fühle mich in meinem schwarzen Anzug mit weißem Hemd und dunkler Krawatte wie ein Mitarbeiter in einer Aussegnungshalle!“ Da gebe ich ihm Recht. Kein Autoverkäufer sollte einen schwarzen Anzug tragen. Er wirkt darin einfallslos und trostlos. Die wenigsten wissen, dass ein schwarzer Anzug nur bei formellen Anlässen, wie Hochzeiten und eben Beerdigungen, getragen wird. Dunkelblau, Mittelblau oder Dunkelgrau sind die gängigen Businessfarben. Würde dieser Mitarbeiter einen mittelblauen Anzug mit hellem Hemd tragen und vielleicht auf die Krawatte verzichten, würde er sich sichtlich wohler fühlen und dem Autohaus einen modernen Touch verleihen.
Jüngeres Image durch einen lockeren Dresscode
Immer mehr Unternehmen verpassen sich ein jüngeres Image. Der Trend geht weg vom Dresscode Business hin zu Business Casual. Frau trägt Blazer/Rock/Hosen-Kombinationen ohne Bluse, dafür mit einem edlen Shirt oder Blusenshirt – je nach Branche sogar mit eleganter Jeans.
Die Hamburger Sparkasse (Haspa) ist bei einer Management-Tagung auf die Idee gekommen, ein gelockerter Kleidungsstil könne eventuelle Barrieren gegenüber des Kunden abbauen. Schließlich seien Kundennähe und damit Vertrauen bei Banken unabdingbar. Diese Bank bricht ein Tabu in der Branche. Die Mitarbeiter empfangen Sie ohne Krawatte, mit offenem Kragen, in Jeans und Chinos.
Wir können also gespannt sein, wie sich die Bankenwelt weiterentwickelt – ob der strenge Dresscode bleibt oder (dennoch elegante) Leichtigkeit tatsächlich Einzug hält.
Ein lockerer Dresscode ist nicht überall möglich
Wer in einem Unternehmen arbeitet, wo ein strenger Look herrscht und auch erwartet wir, weiß, dass casual nicht möglich ist. Männer tragen immer Anzug mit Krawatte. Frauen ihren Hosenanzug/Blusen-Look. Daran gibt es nichts zu rütteln. Dieser Dresscode ist Teil der Marke und der Firmenphilosophie.
Fühlen Sie sich mit dieser strengen Kleidervorschrift nicht wohl, sollten Sie sich wirklich überlegen, ob Sie in diesem Unternehmen arbeiten möchten. Bei Männern tritt dann dieser Kommunions-Anzug-Effekt ein: „Er wirkt wie „in den Anzug gehängt“ – und diese Haltung verrät auch sein Unbehagen. Bei Frauen ist es nicht viel anders. Kompetent und attraktiv wirkt so ein auferlegter Kleiderstil auf keinen Fall.
Locker – könnte auch modisch interpretiert werden
Ein junger, dynamischer und modisch interessierter Mitarbeiter auf Vorstandsebene, hat den neuen Modetrend aus Italien für sich entdeckt. „Hosenlänge bis zum Knöchel und ohne Socken“, bei einem klassischen Anzug ohne Krawatte. Der Mitarbeiter dachte sich beim Kauf: „Wir sind ein Lifestyle-Unternehmen, dieser Stil ist in unserem Haus sicher möglich.“ Als der Vorstand ihn so sah, schüttelte dieser fassungslos den Kopf: „So arbeiten meine Mitarbeiter hier nicht. Bei uns gelten die klassischen Business-Codes – und dieser gehört definitiv nicht dazu! Bitte besorgen Sie sich eine Krawatte plus Socken und kaufen Sie sich Hosen, die eine akzeptable Länge haben.“ Diese Rüge saß. Vielleicht hätte ein modisch-interessierter Vorstand den neuen modisch-lockeren Trend begrüßt – es handelt sich ja um ein Lifestyle-Unternehmen – wer weiß … .
Stilvoll smart im Business
Manchen Unternehmen sei geraten, der äußeren Erscheinung ihrer Mitarbeiter wieder zu einem Upgrade (Aufwertung …) zu verhelfen. Auch das gibt es zur Genüge.
Wir sprechen allerdings heute nur vom Downgrading (Gegenteil von Upgrade). Dabei haben aber so manche Mitarbeiter ein dringendes Upgrading bitter nötig.
Egal – ob in Ihrem Unternehmen der strenge oder lockere Business-Look herrscht. Wichtig ist, von Zeit zu Zeit die Kleiderordnung zu überdenken und hier und dort ein Up- oder Downgrade zu veranlassen. Stilvoll und dem Image des Unternehmens angepasst – das sollte die Botschaft aller Mitarbeiter sein.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihre „Dresscode“ tragen und kompetent wirken.
Ihre Elisabeth Motsch